Universität Bonn

Abteilung für Japanologie und Koreanistik

Forschungsprojekt "F. M. Trautz (1877-1952) und die deutsch-japanischen Beziehungen vom Kaiserreich bis zur NS-Zeit" (DFG-Nummer 460185010)

Seit Oktober 2021 wird das Forschungsprojekt "F. M. Trautz (1877-1952) und die deutsch-japanischen Beziehungen vom Kaiserreich bis zur NS-Zeit" für drei Jahre von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Es macht sich zur Aufgabe, Friedrich Max Trautz‘ Anteil an den deutsch-japanischen Beziehungen zu untersuchen, seine Aktivitäten auf den Feldern Wissenschaft und Kulturvermittlung zu rekonstruieren und in ihren wissenschafts- und politikgeschichtlichen Kontexten zu bewerten.

Die erhaltenen Materialien, die die Grundlage des Projekts bilden, zeichnen sich durch ihre mediale Vielfältigkeit aus, da Trautz, untypisch für die an der Philologie orientierte Japanologie seiner Zeit, stark mit visuellen Medien arbeitete. Lange galt sein Nachlass daher als konzeptloses Sammelsurium, doch ermöglicht seine Diversität heute einen neuartigen biografischen Zugang für die mehrdimensionale Rekonstruktion seiner Aktivitäten samt ihren historischen Kontexten.

Vier Aspekte seiner Tätigkeit stehen im Zentrum der Betrachtung: 1.) sein Wirken als Militäroffizier mit Japanschwerpunkt, 2.) als Japanwissenschaftler, 3.) als Leiter von Kulturinstituten und 4.) als deutscher Japankenner in Japan. Das Ziel des Projektes ist die Erstellung einer umfassenden Biografie von Trautz, die große Lücken in der bisherigen Historiographie der Japanwissenschaften sowie der deutsch-japanischen kulturellen bzw. kulturpolitischen Beziehungen schließen soll.

Projektteam

Albert, Michael (seit Februar 2022): Wissenschaftliche Hilfskraft (WHF),
Bachelorstudent der Japanologie, B.A. in Informatik (Universität Bonn) 2021

Gerichhausen, Daniel: Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Doktorand der Japanologie

Itō, Tomohide: Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Postdoc der Japanologie

Nakashima, Arata (seit Oktober 2022): Doktorand der Philosophie, Wissenschaftliche Hilfskraft (WHK), M.A. in Sozialwissenschaften (Hitotsubashi-Universität Tōkyō) 2013

Rösen, Thomas (seit Januar 2023): Studentische Hilfskraft (SHK), Bachelorstudent der Japanologie

Schmidt, Benjamin (Februar bis September 2022): Wissenschaftliche Hilfskraft (WHF), Masterstudent der Japanologie, B. A. in Japanologie und Geschichte (Ruhr-Universität Bochum) 2021

Yukawa, Shiro: Projektleitung, Akademischer Rat

Zöllner, Reinhard: Projektleitung, Professor für Japanologie

Friedrich Max Trautz (1877-1952) und sein Wirken

Trautz (erster von links, vordere Reihe) als Offizier (1915 oder 1916) (K29_004_001)
Trautz (erster von links, vordere Reihe) als Offizier (1915 oder 1916) (K29_004_001) © Abt. für Japanologie und Koreanistik

Trautz als Militäroffizier mit Japanschwerpunkt

Friedrich Max Trautz (1877-1952) war ein Pionier der Japanforschung. Schon in seiner ersten Karriere als Soldat und Offizier bildete er sich in Eigeninitiative zum Japanspezialisten weiter, um sich im Generalstab des Deutschen Heeres mit der Untersuchung des Russisch-Japanischen Krieges zu beschäftigen. Am Seminar für Orientalische Sprachen in Berlin lernte er Japanisch. Auf einer Weltreise in den Jahren 1909 und 1910 bereiste er auch Japan, jedoch scheiterten seine Pläne, dorthin kommandiert zu werden.

Trautz als Japanwissenschaftler

Nach der deutschen Niederlage im Ersten Weltkrieg schied er aus der Armee aus und schlug eine akademische Laufbahn ein: Mit einer Arbeit zu buddhistischen Stupas in Japan wurde er 1921 als Erster im Hauptfach Japanologie an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin promoviert. 1927 habilitierte er sich dort mit einer Studie zur mittelalterlichen Fernstraße Tōkaidō. Zwischenzeitlich arbeitete er im Völkerkundemuseum Berlin für seinen Mentor F. W. K. Müller, auf dessen Anregung er sich mit dem großen Japanforscher Philipp Franz von Siebold zu beschäftigen begann.

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Auszug aus Trautz‘ Doktorarbeit zum Stupa in Japan (1923) (K08_004) © Abt. für Japanologie und Koreanistik
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Auszug aus einer frühen Fassung von Trautz‘ Habilitation zum Tōkaidō (eingereicht 1926) (K10_025) © Abt. für Japanologie und Koreanistik
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Das Siebold-Zimmer im Berliner Japaninstitut (eingerichtet 1928) (K29_001) © Abt. für Japanologie und Koreanistik

Trautz als Leiter von Kulturinstituten

In Denkschriften und durch mehrjährige Lobbyarbeit setzte er sich für eine Stärkung der Japanologie und den Aufbau eines Japaninstituts ein. Obwohl diese Pläne scheiterten, wurde er 1926 deutscher Leiter des auf andere Initiative hin entstandenen Japaninstituts Berlin. Hier trieb er vor allem die wissenschaftliche Beschäftigung mit Siebold durch eine Neuherausgabe von dessen wichtigstem Werk Nippon voran. Persönliche wie inhaltliche Differenzen führten 1930 zu seiner Entlassung, der mehrere Jahre Tätigkeit als Privatgelehrter in Kyōto folgten.

1934 wurde er dort erster Direktor des Deutschen Forschungsinstituts. Somit hatte er nacheinander gleich zwei Schlüsselpositionen im deutsch-japanischen Kulturaustausch der Zwischenkriegszeit inne. In Japan bemühte er sich unter anderem um den Wiederaufbau der großen Pagode Konpon-daitō des Tempelbergs Kōya-san und die Dokumentation des traditionellen Fußballspiels kemari. 1938 musste er abermals seinen Posten räumen, zum einen aus gesundheitlichen Gründen, zum anderen, da glühende Nationalsozialisten gegen ihn intrigierten.

Trautz’ Nachlass

Einige von ihm angestoßene Projekte fielen diesem Umstand zum Opfer, andere dem kurz darauf ausbrechenden Zweiten Weltkrieg. Bis zu seinem Tod 1952 widmete er sich weiter der Forschung, seiner Vortragstätigkeit sowie seiner äußerst vielfältigen und umfangreichen Japansammlung. Die zahlreichen Umwälzungen der Zeit und in seinem Leben verhinderten die Publikation großer Monografien, doch hinterließ er mehr als 150 kleinere Veröffentlichungen.

Schon zu Lebzeiten plante Trautz die Bewahrung und Aufteilung seines Erbes. Diese Aufgabe wurde später von seinen Hinterbliebenen fortgeführt, insbesondere seiner Frau Hilda, die ihn zeitlebens bei seiner Arbeit unterstützt hatte. Deshalb ist das Wirken dieses Wissenschaftlers, Sammlers und Kulturvermittlers in seinen verschiedenen Lebensphasen durch den sehr umfangreichen Nachlass fast vollständig dokumentiert. Neben Schwerpunkten in Berlin und Freiburg gelangte ein wichtiger Teil des Erbes, darunter seltene Folianten und auf Glasdias festgehaltene Japanfotografien, in den Besitz der Abteilung für Japanologie und Koreanistik der Universität Bonn.

Bereits seit mehr als einem Jahrzehnt widmet sich die Abteilung der Aufarbeitung des Nachlasses. Einen Höhepunkt bildete die Ausstellung „Die Sammlung Trautz – Visuelle Schätze aus dem Nachlass des Japangelehrten Friedrich M. Trautz (1877-1952)“, die 2019 im Universitätsmuseum Bonn zum ersten Mal ausgewählte Stücke der Öffentlichkeit präsentierte. Der gleichnamige Sammelband befasst sich mit verschiedenen Einzelaspekten von Trautz‘ Leben und Wirken und ist die bislang umfangreichste Arbeit zu Trautz.

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Trautz (fünfter von rechts) mit seiner Frau Hilda (dritte von links) und dem Buddhologen Kono Seiko (zweiter von rechts) vor dem Großen Stupa auf dem Kōya-san (K12_[019_001]) © Abt. für Japanologie und Koreanistik

Themenbezogene Publikationen der Projektmitarbeiter

  • Gerichhausen, Daniel (mit Harald Meyer, 2019): Die Weltreise von 1909 / 1910: Auf den Spuren des Russisch-Japanischen Krieges. In: Meyer, Harald und Reinhard Zöllner (Hg.): Die Sammlung Trautz – Visuelle Schätze aus dem Nachlass des Japangelehrten Friedrich M. Trautz (1877-1952). München: Iudicium, S. 123-132.
  • Gerichhausen, Daniel (2019): F. M. Trautz‘ Habilitationsschrift und die Tōkaidō-Materialien des Bonner Trautz-Archivs. In: Meyer / Zöllner 2019: S. 197-206.
  • Gerichhausen, Daniel (2019): Hilda Trautz‘ „Tagebuch Hokkaidō- und Karafuto-Reise“. In: Meyer / Zöllner 2019: S. 225-234.
  • Gerichhausen, Daniel (mit Hendrik Groth, 2019): „Tiefe Heimatliebe und heldische Lebensanschauung“ – Trautz‘ Weltauffassung zwischen Geodeterminismus und Führerhoffnung. In: Meyer / Zöllner 2019: S. 331-338.
  • Gerichhausen, Daniel (mit Hendrik Groth, 2019): "Himmel - Meer - Mensch": Das Japanbild des F. M. Trautz. In: Orientierungen 30, S. 171-191.
  • Ito, Tomohide (2019): Wahon als interkulturelles Medium – Eine bunte Bücherwelt im japanischen Stil. In: Meyer / Zöllner 2019: S. 212-222.
  • Yukawa, Shiro (2015): Torautsu korekushon kara mita Shīboruto to sono Nihon kenkyū (Siebold and his Study of Japan, through to Lens of the Trautz Collection). In: National Museum of Japanese History (Hg.): Shīboruto ga shōkai shitakatta Nippon – Ōbei ni okeru Nihon kanren korekushon wo tsukatta Nihon kenkyū Nihon tenji wo susumeru tame ni (Proceedings of the International Symposium “Siebold’s vision of Japan ― as represented in Japan-related collections in the West), S. 133-146, 315-326.
  • Yukawa, Shiro (2015): Furīdorihhi Makkusu Torautsu (1877-1952) toiu „nichidoku no kakehashi“ (Brücke zwischen Japan und Deutschland namens Friedrich Max Trautz). In: National Museum of Japanese History (Hrsg.): Doitsu to nihon wo musubu mono (Was Deutschland und Japan verbindet), S. 136f.
  • Yukawa, Shiro (2019): Friedrich Max Trautz‘ Hinterlassenschaft – Über den Verlauf der Aufteilung seines Erbes und die aufbewahrenden Einrichtungen. In: Meyer / Zöllner 2019: S. 99-111. 
  • Yukawa, Shiro (2019): Das Archiv als „Wissenshabitus“ bei Siebold und Trautz. In: Meyer / Zöllner 2019, S. 181-189.
  • Yukawa, Shiro (2019): F. M. Trautz und der Kōya-san. In: Meyer / Zöllner 2019, S. 169-176.
  • Zöllner, Reinhard (2011): „Die Trautz-Sammlung in der Abteilung für Japanologie und Koreanistik der Universität Bonn“. In: Curt-Engelhorn-Stiftung für die Reiss-Engelhorn-Museen; Verband der Deutsch-Japanischen Gesellschaften (Hg.): Ferne Gefährten. 150 Jahre deutsch-japanische Beziehungen. Mannheim: Schnell und Steiner, S. 188–190.
  • Zöllner, Reinhard (2015): Epirōgu. Miyakojima kara mita nichidoku kankei-shi (Epilogue. A History of German and Japanese Relations through Miyako Island). In: National Museum of Japanese History (Hrsg.): Doitsu to nihon wo musubu mono (Was Deutschland und Japan verbindet). S. 187-191.
  • Zöllner, Reinhard (2019): „Es ist kalt geworden“: Trautz auf Miyako-jima. In: Meyer / Zöllner 2019, S. 273-284.
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